Antonio Lotti
1666-1740
Crucifixus à 8
Crucifixus à 10
Antonio Lotti
geboren Febr. 1666 in Venedig(?)
gestorben am 5. Jan. 1740 in Venedig
Lotti war ein späterer Nachfolger Monteverdis auf dem Kapellmeisterposten in San Marco zu Venedig. Wie dieser erwarb auch er sich großen Ruhm als Opernkomponist. Nach kurzer Tätigkeit am Dresdner Hof August des Starken von 1717 bis 1720 verzichtete er auf Ruhm und Glanz des Opernstars und widmete sich fast ausschließlich geistlichen Werken. Anders als in seinen eingängigen Opern bediente er sich hier des alten kontrapunktischen Kirchenstils und reicherte ihn in seinen drei Crucifixus-Vertonungen chromatisch an. Der 8-stimmige Satz entstand in Dresden für die dortige Hofkapelle. Der erste Höreindruck erinnert überraschend an das Crucifixus in Bachs h-moll-Messe, deren Urfassung 1733 übrigens auch für den Dresdner Hof entstanden war. Ein Einfluß Lottis auf Bach dürfte jedoch nicht bestehen, die Verwandtschaft liegt eher in der barocken Affektenlehre begründet, derer sich alle Komponisten bedienten. Hatte man in der Florentiner Camerata noch über den Zusammenhang zwischen Sprache und Musik in der Antike nachgedacht, war im Spätbarock die an der Rhetorik orientierte Affektenlehre längst die internationale Sprache der Musiker geworden. Für Komponisten wie Lotti oder Bach war sie aber nur Grundlage eines höchst ausgefeilten und eindringlichen Personalstils.