Gabriel Fauré

1845-1924

Requiem op. 48 (Erstfassung aus dem Jahre 1888)
Cantique de Jean Racine
Tantum ergo
Tantum ergo
Ecce fidelis servus
Tu es Petrus
Benedictus

Gabriel Urbain Fauré
geboren 12. Mai 1845 in Pamiers
gestorben am 4. November 1924 in Paris

Fauré stammt aus Pamiers (Ariège) im Languedoc, wo er als sechstes Kind von Honoré Toussaint und Marie-Antoinette-Hélène Fauré geboren wurde. Honoré Toussaint Fauré war Lehrer und Schulinspektor in Montgauzy, und im Umfeld dieser Schule hatte Gabriel den ersten Kontakt mit Musik, und zwar mit einstimmigem Choralgesang mit Harmoniumbegleitung. Ohne Musikunterricht erhalten zu haben, machte Gabriel Gebrauch davon, daß er Zugang zum schuleigenen Klavier hatte und brachte sich selbst das Klavierspiel bei.
Sein musikalisches Talent fiel 1853 einem Ratsmitglied des Departements Ariège, M. de Saubiac, auf, der der Familie nahelegte, den Sohn an der von dem Schweizer Louis Niedermeyer (1802-1861) gerade wiederbegegründeten École de Musique Religieuse et Classique, der "École Niedermeyer", in Paris anzumelden. Diese hatte, nachdem sie während der antireligiösen Strömungen der napoleonischen Zeit aufgelöst war, 1853 als Ausbildungsstätte für Kirchenmusiker neu eröffnet und trat nun als angesehene Musikschule neben das Conservatoire . Mit der Entscheidung, den neunjährigen Gabriel im Oktober 1854 an der École Niedermeyer anzumelden, wurde ein Grundstein für seine musikalische Ausbildung gelegt, aber auch eine eindeutige Richtung für seinen musikalischen Werdegang vorgegeben. Etwa dreißig ausgewählte Schüler erhielten hier musikalischen Unterricht, vor allem durch das Studium der Kirchenmusik, insbesondere auch des Gregorianischen Chorals, um zu Organisten und Kirchenmusikern ausgebildet zu werden. Neben dem Choralgesang waren es vor allem Palestrina als Beispiel für Vokalmusik und Bach für Orgelmusik, die als "Modellkomponisten" der Schule herangezogen wurden, im Gegensatz zum Conservatoire, wo hauptsächlich die modernen französischen Komponisten wie Gounod und Berlioz als Vorbilder galten. Vor allem aber in der Harmonielehre unterschieden sich die Ansichten der beiden bedeutenden Ausbildungsstätten für Musiker in Paris. Während am Conservatoire die Harmonielehre Rameaus noch immer volle Gültigkeit besaß, legte Niedermeyer gemeinsam mit Joseph d'Ortigue im Traité théorique et pratique de l'accompagnement du plainchant (1857) eine Richtlinie, in der die Bedeutung der kirchentonalen Modi eine größere Rolle auch im melodischen Bereich zukam als nur in der Begleitung des Gregorianischen Gesangs. Dies sollte für die Ausbildung einer musikalischen Sprache Faurés große Bedeutung haben.
An der École studierte Fauré elf Jahre lang; zu seinen Lehrern gehörten zunächst Clément Loret (Orgel), Wackerthaler (Kontrapunkt) und Louis Dietsch (Harmonielehre) sowie Niedermeyer selbst (Gesang, Klavier und Komposition). Das Repertoire war weitestgehend auf die Musik der Zeit bis Bach und Händel beschränkt. Mozart, Haydn, Beethoven und höchstens noch Mendelssohn gehörten zu den modernsten Komponisten mit deren Musik die Schüler der École Umgang hatten. Erst durch Camille Saint-Saëns (1835 1921) kamen die Schüler erstmals mit moderneren Kompositionen in Berührung, darunter vor allem Schumann, Liszt und Wagner. Saint-Saëns war nach dem Tode Niedermeyers im Jahre 1861 als Lehrer für die École gewonnen worden und wurde somit für Fauré zunächst Lehrer, später aber vor allem ein langjähriger Freund.

Nach Faurés Abschluß an der École Niedermeyer als diplomierter Maître de Chapelle 1865 nahm er verschiedene Stellen als Organist an, darunter zunächst im Januar 1866 an der Kirche Saint-Sauveur in Rennes, 1870 an der Notre-Dame-de-Clignancourt in Paris. Durch den Kriegsausbruch zog es Fauré zum Militär, mit der Kapitulation 1871 endete dieser Abschnitt seines Lebens. Er unterrichtete nun erstmals die Kompositionsklasse der ins Schweizer Exil ausgezogenen École Niedermeyer in Lausanne, kehrte aber im Oktober nach Paris zurück, um dort die Stelle des zweiten Organisten an der Kirche Saint-Sulpice neben Charles-Marie Widor anzutreten. 1874 wurde Fauré offiziell zum Vertreter Saint-Saëns' an der angesehen Organistenstelle der Sainte-Madeleine und verließ die Stelle an Saint-Sulpice. Als Saint-Saëns die Stelle an der Madeleine 1877 endgültig und offiziell aufgab, folgte ihm Théodore Dubois, während Fauré die Stelle des Chorleiters übertragen wurde.
Faurés Verlobung im Juli 1877 mit Marianne Viardot, der Tochter Pauline Viardots, in deren Haus er 1872 durch seinen Lehrer Saint-Saëns eingeführt worden war, war nur von kurzer Dauer und wurde bereits im Oktober des selben Jahres wieder gelöst. Zu dieser Zeit erwuchs sein Interesse für die Musik Richard Wagners auf mehreren von Saint-Saëns angeregten Deutschlandreisen, die ihn gemeinsam mit seinem früheren Schüler Messager unter anderem nach Bayreuth, Köln und München führten. 1883 heiratete Fauré Marie Fremiet, die Tochter des Bildhauers Emmanuel Fremiet. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne, Emmanuel (1883-1971) und Philippe (1889-1954) hervor.

Partiturseite des Requiems von Fauré

Bibliothèque National, Paris

Der Tod von Faurés Vater im Jahre 1885 und seiner Mutter im Dezember 1887 wird oftmals mit der Komposition seines Requiems (1887/88) in Verbindung gebracht, auch wenn er selbst eine solche Inspiration verneinte. Während der 1890er Jahre etablierte sich Fauré in der Pariser Musikwelt, vor allem aber auch in den Salons. Seine für dieses Umfeld entstandenen Werke, vor allem Lieder, hatten sicherlich mit zur Folge, sein Ruf als Komponist von hauptsächlich leichter musikalischer Kost entstand, der sich teilweise bis heute aufrechterhalten hat.
Seine Bewerbung als Lehrer für die Kompositionsklasse am Conservatoire im Jahre 1892 bleibt erfolglos, stattdessen wird er "Inspecteur de l'enseignement musical" der Académie des Beaux-Arts, was ihn dazu zwingt Paris häufig zu verlassen, um die Musikschulen in der Provinz zu besuchen. 1896 wurde Fauré endlich Hauptorganist der Madeleine und im gleichen Jahr erhielt er auch eine langersehnte Stelle am Conservatoire als Lehrer für Komposition, Kontrapunkt und Fuge. Zu seinen Schülern gehören hier unter anderem Maurice Ravel und Charles Koechlin.
Mehrere Aufenthalte in London trugen dazu bei, daß sich seine Bekanntheit nun auch in England vergrößerte, wenn ihm auch die ganz große Anerkennung versagt blieb. Hier kommen unter anderem 1898 la Bonne Chanson, op. 61 (1692/4), in einer Bearbeitung mit Streichquintett und Klavier sowie die Schauspielmusik zu Pelléas et Mélisande von Maeterlinck in einer ersten Version, die von Koechlin orchestriert worden war, zur Aufführung. 1900 wurde Faurés erste Oper, die von ihm selbst mit dem Gattungsbegriff tragédie lyrique bezeichnet wird, Prométhée (op. 82) uraufgeführt.
Im Sommer 1903 machten sich erste Anzeichen eines beginnenden Gehörfehlers, der bis zur vollkommenen Taubheit führen sollte, bemerkbar. 1905 erhielt Fauré überraschenderweise die Position des Direktors des Conservatoires, nachdem Théodore Dubois von dieser Stelle aufgrund einer Affäre um die Zulassung des jungen Maurice Ravel zum Grand Prix de Rome zurücktreten mußte. Die Wahl Faurés zum Mitglied des Institut de France, zu dem der Direktor des Conservatoire eigentlich pflichtgemäß gehörte, erfolgte erst im März 1909 und fiel gegen den anderen Kandidaten, Faurés langjährigen Rivalen Charles-Marie Widor sehr knapp aus.
1919 war Faurés Taubheit und die Schwächung seiner Konstitution derart fortgeschritten, daß ihm nahegelegt wurde, das Amt des Direktors des Conservatoires niederzulegen. Die geringe Pension, die ihm gewährt wurde, stürzte ihn nicht zum ersten Mal in finanzielle Ungewißheit, die er ebenso wie Debussy durch eine Tätigkeit als Herausgeber für den Verleger Durand zu kompensieren suchte. Freunde und Gönner erwirkten, daß eine ganze Ausgabe der Revue musicale Gabriel Fauré und seiner Musik gewidmet wurde, darunter auch Nadia Boulanger, die zu seinem Schülerkreis gehörte.
Durch Krankheiten verschlechterte sich sein Zustand im Herbst 1924 plötzlich; zu dieser Zeit hielt er sich in Annecy auf, wo er noch sein Streichquartett op. 121 vollendete. Am 18. Oktober kehrte Gabriel Fauré nach Paris zurück, wo er am 4. November starb. Beim Trauergottesdienst in der Madeleine vor dem Staatsbegräbnis, das Fauré erhielt, klangen neben anderen Werken Sätze aus seinem eigenen Requiem op. 48.

© Thomas Gebhardt, 1996

Johannes Brahms
Fauré-Requiem